Erwin Sellering (* 18. Oktober 1949 in Sprockhövel)
 

Sellering

 

Die "Spinne im Netz der Verbindungen Mecklenburg-Vorpommerns zu Russland", Vorsitzender des Vorstands der Klimastiftung Mecklenburg-Vorpommern.

Vom 6. Oktober 2008 bis zum 4. Juli 2017 war er Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern. Amtsvorgänger, "Entdecker" und Förderer von Manuela Schwesig. Zuvor war Sellering ab 2006 Sozialminister und von 2000 bis 2006 Justizminister dieses Landes.

Politische Karriere

1994 wurde Sellering Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Greifswald. Er war von Januar bis November 1996 als Sekretariatsleiter des zweiten parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Landtages Mecklenburg-Vorpommern der 2. Wahlperiode „Zur Klärung von Tatbeständen im Bereich des Innenministeriums“ an die Landtagsverwaltung abgeordnet. Anschließend wurde er im Dezember 1996 zum Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts Greifswald ernannt. Vom 10. November 1998 bis 30. Juni 2000 war er als Abteilungsleiter in die Staatskanzlei des Landes Mecklenburg-Vorpommern abgeordnet und enger Berater von Ministerpräsident Harald Ringstorff.

Seit 1994 ist Sellering Mitglied der SPD, seit 1996 Mitglied des SPD-Landesvorstandes in Mecklenburg-Vorpommern und seit 2003 stellvertretender SPD-Landesvorsitzender. Vom 14. April 2007 bis 2. Juli 2017 war er Vorsitzender des SPD-Landesverbandes M-V. Zuvor war er ab 2006 Sozialminister und von 2000 bis 2006 Justizminister dieses Landes.

Sellering trat im Juli 2017 wegen einer Krebserkrankung als Spitzenpolitiker zurück. Im Dezember 2017 nahm Sellering seine Arbeit als Landtagsabgeordneter in Mecklenburg-Vorpommern wieder auf, legte sein Mandat aber schließlich im Oktober 2019 nieder.

Der Spiegel bezeichnete ihn 2008 als Netzwerker, als geräuschlosen wie effektiver Allianzen-Schmied. https://www.spiegel.de/  

Sellering als Anwalt der Ostdeutschen

Sellering versuchte stets, die „Seele der Ostdeutschen“ zu erreichen, wohl auch, um sich vom Image des „Westimports“ abzusetzen, gerade, wo doch sein Vorgänger im Amt des Ministerpräsidenten, Harald Ringstorff, als „Urmecklenburger“ wahrgenommen wurde. Sellering als Anwalt des Ostens im Vorwärts vom 28. April 2014 und 10. Oktober 2019.

 

Überregional Furore erregte Sellering, als er die DDR gegen zu harsche Kritik verteidigt. „Ich verwahre mich dagegen, die DDR als totalen Unrechtsstaat zu verdammen, in dem es nicht das kleinste bisschen Gutes gab“, sagte Sellering am 22. 3. 2009 der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

War die DDR eine Diktatur?

Sie war gewiss kein Rechtsstaat. Ich verwahre mich aber dagegen, die DDR als den totalen Unrechtsstaat zu verdammen, in dem es nicht das kleinste bisschen Gutes gab. Allerdings stimmt: Der Staat machte vielfach, was er wollte. Es gab keine Kontrolle durch unabhängige Gerichte. Insofern hat zur DDR immer auch ein Schuss Willkür und Abhängigkeit gehört.

Zu verharmlosen liegt mir fern. Aber wir leben heute in einem Staat zusammen. Deswegen habe ich Bedenken vor Diskussionen, die sich nur auf die DDR beziehen. Es ist ja nicht so, dass ein idealer Staat auf einen verdammenswerten Unrechtsstaat stieß. Die alte Bundesrepublik hatte auch Schwächen, die DDR auch Stärken.

Natürlich hatte die DDR Stärken. Viele Leute sagen mir immer wieder: Was ihr in den Kitas macht oder was nach dem Vorbild Finnlands in den Schulen getan wird, das kennen wir schon. Dinge, die wir jetzt zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung einführen, gab es schon in der DDR. Auch als überzeugter Anhänger unseres sozialen Rechtsstaates sage ich: Das eine war nicht völlig schwarz, das andere ist nicht völlig weiß.

https://www.faz.net/

 

Der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, schimpfte 2011 über Sellering: „Er gibt den Ostversteher und biedert sich damit seinem Wahlvolk an.“ Damit sei aber niemandem geholfen, vor allem nicht der Aufarbeitung. Jahn stellte klar: „Die DDR war ein klarer Unrechtsstaat, weil das Unrecht von Staats wegen organisiert war.“

Sellering 2014 unbeirrt: „Ich bleibe da bei meiner Meinung.“ Natürlich habe es in der DDR schweres staatliches Unrecht gegeben. Aber es habe auch Millionen von Menschen gegeben, „die weder Täter noch Opfer waren, sondern unter oft schwierigen Bedingungen viel Gutes geleistet haben“. Sellering meinte: „Diese Leistungen verdienen Anerkennung und Respekt. Sie sollten nicht abqualifiziert werden mit einem Begriff, der keinerlei Differenzierung des Lebens in der DDR zulässt.“ Sehr viele Menschen in den ostdeutschen Ländern empfänden diesen Begriff zu Recht als „abqualifizierend“. https://www.welt.de

 

Ein weiteres Beispiel für die Versuche Sellerings, die ostdeutsche Seele zu erreichen, war seine Kritik an Bundespräsident Gauck, als dieser sich kritisch gegen eine mögliche rot-rot-grüne Koalition unter Führung eines linken Ministerpräsidenten in Thüringen geäußert hatte. Die Wahlentscheidung sei zu respektieren, sagte Gauck in einem Interview für die ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Dennoch bleibe die Frage: „Ist die Partei, die da den Ministerpräsidenten stellen wird, tatsächlich schon so weit weg von den Vorstellungen, die die SED einst hatte bei der Unterdrückung der Menschen hier, dass wir ihr voll vertrauen können?“ Es gebe Teile in der Linkspartei, bei denen er wie viele andere auch Probleme habe, dieses Vertrauen zu entwickeln.

In Thüringen will Linke-Spitzenkandidat Bodo Ramelow mit SPD und Grünen über eine Koalition verhandeln, um Regierungschef zu werden. Gauck sagte: „Menschen, die die DDR erlebt haben und in meinem Alter sind, die müssen sich schon ganz schön anstrengen, um dies zu akzeptieren.“

https://www.tagesspiegel.de/

Als einziger Ministerpräsident kritisiert Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschef Sellering (SPD) Bundespräsident Gauck nach dessen Aussagen zur Linkspartei. „Ich fürchte, dass es dem Amt des Bundespräsidenten schadet, wenn sich dieser in die Debatte um die Regierungsbildung in einem Bundesland einschaltet“ – so bewertete der Regierungschef von Mecklenburg-Vorpommern im „Tagesspiegel“ Joachim Gaucks Worte.

Sellering – wohlgemerkt ein westdeutscher Import in der Schweriner Staatskanzlei – geht es um mehr als die Einmischung des Staatsoberhauptes „in einem Bundesland“. Sellering hat sich zu Wort gemeldet, weil er sich um die Ehre seiner ostdeutschen Landsleute sorgt.

https://www.tagesspiegel.de/ https://www.welt.de/

Aufbau der Kontakte nach Russland

Nachdem die allerersten Kontakte zwischen Vertretern Russlands und der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern noch unter Ministerpräsident Ringstorff stattfanden, intensivierte Sellering als Ministerpräsident diese Verbindungen kontinuierlich.  Bereits unmittelbar nach der Übernahme des Amtes des Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern wird Sellering mit einer weiteren Werften-Krise konfrontiert und es ergeben sich Kontakte nach Russland: Die Wardan-Werften, vorher über eine Fonds-Gesellschaft im Besitz von Andrej Burlakow, gehen im August 2008 an Igor Jussuvof, den ehemaligen Energieminister Russlands. https://www.zeit.de/  

Ob aus Überzeugung oder aus Kalkül, mit dem Zeigen von Sympatien für Russland und Ressentiments gegenüber den USA traf Sellering bei vielen Ostdeutschen parallele Einstellungen.

 

Sellering traf sich seit April 2012 mindestens sechs Mal persönlich mit Nord-Stream 2-Geschäftsführer Matthias Warnig - einem ehemaligen Stasi-Offizier und engen Vertrauten von Russlands Präsident Wladimir Putin. dem Gas-Manager, meist unter vier Augen.

https://www.ndr.de/

 

Mitten in der Ukraine-Krise 2014 reist Sellering am 28. April 2014 nach Leningrad, u.a., um an der von Nord Stream ausgerichteten Geburtstagsfeier für Gerhard Schröder teilzunehmen. An der Feier hat auch Putin teilgenommen. Sellering führte in der Stadt auch zwei Tage lang Wirtschaftsgespräche. Angesichts des Konfliktes halte er es für wichtig, "gerade in schwierigen Zeiten den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen", erklärte Sellering. Es müsse alles getan werden, "damit es eine friedliche Lösung gibt". Er will unter anderem den Bevollmächtigten Putins für den Nord-West-Bezirk treffen, um eine deutsch-russische Wirtschaftskonferenz vorzubereiten, die Ende September in Mecklenburg-Vorpommern stattfinden soll.

https://www.spiegel.de

https://www.zeit.de/

https://www.spd-fraktion-mv.de/regierungserklaerung-zur-russlandreise-des-ministerpraesidenten-erwin-sellering

https://www.spd-fraktion-mv.de/st-petersburg-reise-des-ministerpraesidenten-war-richtig-und-im-interesse-unseres-landes

 

Die Sanktionen der EU und der USA gegen Russland nach dessen Einmarsch in die Ost-Ukraine lehnte Sellering früh ab und grenzte sich so auch von der Bundesregierung ab.

Am 23. 6. 2015 reist Sellering mit einer 70-köpfigen Wirtschaftsdelegation nach St. Petersburg. 

„Aber leider sind im 1. Quartal die Ausfuhren eingebrochen um fast 50 Prozent. Jetzt machen sich doch sehr stark die Sanktionen bemerkbar, vor allem im landwirtschaftlichen Bereich. Aber auch sonst, weil sich das Klima insgesamt verschlechtert.“

Denn umgekehrt hat die russische Regierung unter anderem die Einfuhr von Molkereiprodukten, Obst und Gemüse aus dem EU-Raum untersagt. Davon besonders hart betroffen: kleine und mittlere Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern. Und nicht nur das, so der Schweriner Regierungschef mit Blick auf den einzigen nennenswerten Industriezweig im Land – den Schiffbau:

„Drei der großen Werften sind in russischer Hand und wir haben das immer verbunden mit der Hoffnung, dass wir anknüpfen können an das alte Verhältnis zu Russland. Die gesamte Fischereiflotte ist quasi in Stralsund gebaut worden. Deshalb ist das ein guter Kontakt, aber das ist im Moment bei den Verhältnissen zwischen Russland und Deutschland sehr problematisch. Und deshalb ist es für mich wichtig, dass wir in baldiger Zeit zurückkehren zu einem vernünftigen Verhältnis zu Russland. Dann wollen wir natürlich die Wirtschaftskontakte wieder aufnehmen.“

 

In Russland funktioniert ein Großteil der Wirtschaft noch immer erheblich staatlich gelenkt. Auch deshalb hatte Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) im Herbst 2014 trotz massiver Kritik in Deutschland den traditionellen „Russlandtag der Wirtschaft“ durchführen lassen.

 

Zur Entscheidung der Energiekonzerne Shell, Eon und Gazprom parallel zu Sellerings Besuch in Russland, die bisherige „Nordstream“-Erdgastrasse von Russland durch die Ostsee nach Westeuropa zu ergänzen:

„Ich kann ganz deutlich sagen: Wenn es zwei weitere Stränge gäbe, wäre mir sehr daran gelegen, dass die ebenfalls in Mecklenburg-Vorpommern anlanden. Ich halte es für gut, dass wir auf diese Weise engen Kontakt insgesamt zu Russland haben. Ganz Europa ist zur Zeit angewiesen auf Gaslieferungen aus Russland und ich glaube, es ist politisch nicht falsch, wenn Nationen so miteinander wirtschaftlich in Kontakt stehen, dass man sich gegenseitig braucht. Ich glaube, es hilft auch, dass man die Konflikte nicht zu sehr eskalieren lässt.“

https://www.deutschlandfunk.de/

Aufbau des Russland-Mecklenburg-Vorpommern-Netzwerks

Sellering war im Vorstand des Ostinstitut Wismar e. V. (s. auch Steininger und Clement), im Netzwerk Russland-Mecklenburg-Vorpommern ein zentraler Knoten.

Am 21. August 2017 wurde Sellering der russische „Ordens der Freundschaft“ verliehen, der höchsten staatlichen Auszeichnung der Russischen Föderation, die an ausländische Bürger vergeben werden kann. Anfang März 2022 gibt Sellering den Orden in einem Schreiben an den Russischen Botschafter in Berlin zurück. "Ich muss erkennen, dass die Erwartung, auch für das Putin-Russland sei es ausgeschlossen, Konflikte und Interessengegensätze in Europa mit Waffengewalt zu lösen, eine Illusion war“. Ostsee-Zeitung vom 2. März 2022

Sellering war im September 2018 Gründer und bis Angang 2022 Vorsitzender Verein „Deutsch-Russische-Partnerschaft“ . Der Vorstand des Vereins bestand im Oktobrer 2018 aus Balan, Manuela, Hohen Schwarfs; Ebert, Steffen, Berlin; Tischendorf, Falk, Moskau / Russland; Prof. Dr. Schareck, Wolfgang, Rostock. https://www.companyhouse.de/Deutsch-Russische-Partnerschaft-eV-Schwerin

Als Netzwerker hat Sellering Verbindungen hergestellt und Firmen des Gazprom-Konzerns als Sponsoren für Begünstigte in Mecklenburg-Vorpommern gewonnen. Sellering war ein bekennender Anhänger des Schweriner SC und hat viele Volleyball-Spiele besucht. Die Nord Stream AG wurde so Sponsor des Schweriner SC.

Sellering initiierte 2019 die Partnerschaftsvereinbarung zwischen Legislativversammlung des Oblastes Leningrad und dem Landtag Mecklenburg-Vorpommern und erklärt dazu am 5. September 2019:

Deutschland darf nicht mitmachen bei einer Rhetorik, die einen Rückfall in die Mechanismen des kalten Krieges bedeutet und leicht die Vorstufe zu wirklicher militärischer Auseinandersetzung sein kann.

Das bedeutet Verantwortung auch für das Land Mecklenburg-Vorpommern. Und die Landesregierung kommt dieser Verantwortung nach durch die Aufrechterhaltung und Pflege guter und freundschaftlicher Beziehungen zu ihrer russischen Partnerregion, dem Leningrader Oblast.

Ich halte für sehr wichtig, dass diese Haltung der Landesregierung auch von der Zivilgesellschaft unterstützt und mitgetragen wird. Das ist das Ziel der Deutsch-Russischen Partnerschaft, die sich vor einem Jahr gegründet hat und sich als gemeinnütziger Verein für ein gutnachbarschaftliches Verhältnis zu Russland einsetzt, auch in Fortsetzung unserer Jahrhunderte langen gemeinsamen Geschichte, gerade auch mit MV.

In Kultur, Sport, Wissenschaft und anderen sozialen Bereichen wollen wir ein vertieftes gegenseitiges Kennenlernen ermöglichen, zum Beispiel in Workshops, gemeinsamen Camps, gemeinschaftlichem kreativen Schaffen usw., mit Schwerpunkt auf dem Austausch gerade von jungen Menschen.

Viele der inzwischen über 70 Mitglieder des Vereins sind seit Jahren ehrenamtlich in den verschiedenen sozialen Bereichen tätig und bringen sehr engagiert ihre Erfahrungen und Kompetenzen als anerkannte Multiplikatoren in die Vereinsarbeit ein. Zum Beispiel Herr Blum für den Landessportbund, Prof. Schareck und Prof. Steininger für die Wissenschaft, Frau Lutz-Auras für politische Bildung, Miro Zahra, Dr. Neumann, Dr. Fein für Kunst und Kultur, der ehemalige Bildungsminister Henry Tesch für Schüleraustausch usw.

Als ersten großen Event haben wir mit sehr engagierten Partnern im Juli eine Deutsch-Russische Jugendwoche durchgeführt. In 7 verschiedenen Projekten, an unterschiedlichen Orten im ganzen Land haben deutsche und russische Jugendliche sich beim Sport, Denkmalschutz, in einem Politischen Planspiel, kreativem Schaffen, gemeinsamen Musizieren, in der Feuerwehr kennen und verstehen gelernt.

Dabei sind viele gute Kontakte und Freundschaften entstanden. Das ist ein wichtiger langfristiger Beitrag zu einem guten Verhältnis zwischen unseren Ländern, zur Völkerverständigung und letztlich zu Erhaltung und Stärkung eines friedlichen Zusammenlebens.

Darum geht es uns. Wir sind davon überzeugt, dass Menschen, die sich in ihrer Unterschiedlichkeit kennen und schätzen gelernt haben, die zu Freunden geworden sind, sich weniger leicht aufhetzen lassen, sich weniger leicht weismachen lassen, ein anderes Volk sei böse, wollen Krieg, müssen bekämpft werden.

Im nächsten Frühsommer wird die Deutsch-Russische Jugendwoche im Leningrader Oblast stattfinden. Außerdem werden wir im Herbst 2020 hier bei uns eine große Kulturwoche, mit Workshops und anschließenden Ausführungen beziehungsweise Ausstellungen in den Bereichen Musik, bildende Kunst, Theater und so weiter durchführen.

Dieser wichtige Beitrag der Zivilgesellschaft wird unterstützt von beiden Regierungen der Partnerregionen, die Ministerpräsidentin und der Gouverneur engagieren sich persönlich. Das ist gut und sehr wichtig.

Heute liegt ein Antrag vor, mit dessen Annahme auch der Landtag zu einem wichtigen Akteur bei dem Ausbau und der Pflege guter Beziehungen mit Russland, mit dem Leningrader Oblast werden soll. Das ist eine großartige Sache.

Die SPD-Fraktion war vor einigen Wochen im Leningrader Oblast und hat einen warmherzigen Empfang und viel freundschaftlichen Austausch erfahren.

Es wäre schön, wenn die anderen antragstellenden Fraktionen es ihnen gleichtun würden.

Dieses wichtige Bemühen um Frieden und Völkerverständigung zwischen Deutschland und Russland muss ein überparteiliches Anliegen sein.

Wir alle wissen natürlich, dass viele in Westdeutschland und auch in Europa eine andere Grundeinstellung zu Russland haben und uns Naivität vorwerfen.

Ich denke, daran ist richtig, dass auch die Außenpolitik einen moralischen Kompass haben sollte. Aber wir brauchen dabei einen realistischen Blick auf die Politik aller drei Großmächte, USA, China und Russland, die jede ihre eigenen Interessen an die erste Stelle setzt und aggressiv verfolgt, im Zweifel sogar unter Missachtung der Menschenrechte und des Völkerrechts. Ich halte für wichtig, da nicht auf einem Auge blind zu sein.

Europa ordnet sich gerade neu. Ich wünsche mir sehr, dass es gelingt, eine selbstbewusste, eigenständige Position im Verhältnis zu den drei großen Weltmächten zu finden, und uns nicht auf einer Seite in einem unkalkulierbaren Konflikt ziehen zu lassen.“

https://www.spd-fraktion-mv.de/aktuelles/pressemitteilungen/partnerschaftsvereinbarung-zwischen-der-legislativversammlung-des-oblastes-leningrad-und-dem-landtag-mecklenburg-vorpommern

Sellerings blinde Flecken bei der Beurteilung der Politik des russischen Putin-Regimes

 

Sellering zog die Verantwortung der Russischen Regierung für die Vergiftung Nawalnys in Zweifel,  https://correctiv.org  ebenso Sigmar Gabriel, https://www.stern.de/und ebenso Gerhard Schröder.  https://www.spiegel.de/

 

Zur aktuellen Debatte um die Vergiftung von Alexej Nawalny und einen möglichen Bau-Stopp von Nord Stream 2 hat Sellering einen Gastbeitrag für den Nordkurier vom 8. 9. 2020 verfasst.

Die Debatte zu den deutsch-russischen Beziehungen und dem Fall Nawalny bewegt den Sozialdemokraten. Sellering war 2018 Mitgründer des Vereins Deutsch-Russische Partnerschaft e.V. und ist dessen Vorsitzender. Aus dieser Perspektive hat er für den Nordkurier einen Gastbeitrag verfasst:

Seit zwei Jahren organisiert die Deutsch-Russische Partnerschaft Zusammenarbeit und Austausch zwischen Deutschen und Russen, vor allem auch Jugendlichen, im Sport, in der Kultur, Umwelt, Denkmalschutz, Feuerwehr, in allen sozialen Bereichen.Diese auf Völkerverständigung und Freundschaft mit Russland gerichtete Arbeit bleibt nicht unberührt von der zunehmenden Verschlechterung des Verhältnisses zwischen dem Westen, vor allem den USA, und Russland.
Deutschland sollte sich nicht vereinnahmen lassen

Nach unserem Selbstverständnis ist es zwar nicht Aufgabe des Vereins, Partei zu ergreifen in der politischen Auseinandersetzung. Allerdings sehen wir uns sehr wohl in der Pflicht, alles zu tun, um einer zunehmenden Verschlechterung des Klimas zwischen Deutschland und Russland entgegen zu wirken.

Ich bin überzeugt: Deutschland sollte sich in der zunehmend aggressiver ausgetragenen Rivalität der drei großen Weltmächte USA, China und Russland nicht von einer dieser Weltmächte vereinnahmen und gegen eine andere in Stellung bringen lassen. Deutschland sollte vielmehr sein Gewicht in Europa dazu nutzen, eine eigenständige Politik der EU in Wahrnehmung der wohlverstandenen eigenen europäischen Interessen auf den Weg zu bringen, mit der den drei Weltmächten auf Augenhöhe begegnet werden kann.

Dazu gehört, sich zum Beispiel nicht vorschreiben zu lassen, von wem Deutschland Gas kaufen darf. Ob Nord Stream 2 in deutschem Interesse liegt, entscheidet Deutschland. Die wirtschaftlichen Interessen der USA können kein Grund sein, sich über die souveräne Entscheidung Deutschlands hinweg zu setzen.

Dazu gehört jetzt aktuell auch ein möglichst unvoreingenommener und um objektive Aufklärung bemühter Blick auf ein so verabscheuungswürdiges Verbrechen wie den Giftanschlag auf Nawalny. Und bei objektiver,unvoreingenommener Betrachtung dürfte klar werden: es gibt zwar unterschiedliche Spekulationen über Motiv, Täter und Hintermänner,die vor allem an die Frage anknüpfen, wem diese Tat denn eigentlich dient, wer daraus Vorteile ziehen könnte.

In Wahrheit sind Tathergang und Hintergründe aber völlig ungeklärt. Und es verbietet sich selbstverständlich, allein aufgrund unbewiesener Verdächtigungen eine Strafmaßnahme zu verhängen. Verurteilung und Strafe, ohne dass klare Ermittlungsergebnisse vorliegen? Mit unserem Rechtsverständnis wohl kaum vereinbar. Im Übrigen: Woraus sollte sich das Recht eines Staates ableiten, über einen anderen Staat zu Gericht zu sitzen und eine Strafe zu verhängen? Umgekehrt erschiene uns das sicherlich reichlich anmaßend.

Für die weitere Arbeit der Deutsch-Russischen Partnerschaft ist klar: Misstrauen, Aggressivität, Strafandrohungen schaffen kein Klima, in dem unsere Arbeit gedeihen kann. Dafür braucht es eine Basis des gegenseitigen Vertrauens, auf der wir unseren russischen Partnern als Bürger eines souveränen Staates begegnen können, die die Sprache und Denkweise des Kalten Krieges ablehnen und sich nicht abbringen lassen von einem Kurs des gegenseitigen Verständnisses und der Freundschaft zwischen den Menschen in Deutschland und Russland.

https://www.nordkurier.de/

 

„Wenn ich gewusst hätte, dass Sie das sind, wäre ich gar nicht ans Telefon gegangen“ - Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine schweigt Sellering zunächst.

https://www.nordkurier.de/

 

Sellering am 21. 1. 2022 zu den Spannungen zwischen Russland und der Ukraine kurz vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine - Es geht den Weltmächten um Vorherrschaft

Erwin Sellering: Ich habe mich stark für den Bau der Pipeline eingesetzt. Das Land hat uns beauftragt, beim Bau zu helfen. Der Klimawandel in Deutschland braucht diese Pipeline als vernünftige Brückentechnologie. Die neue Bundesregierung hat ambitionierte Ziele, was die erneuerbaren Energien angeht. Im Jahr 2030 soll eine Quote von 80 Prozent erreicht werden. Bis dahin brauchen wir die Brückentechnologien Atom, Kohle und Gas, wobei Letzteres das Vernünftigste ist. Wir als vom Land gegründete Klimastiftung sollten uns auch dafür einsetzen, dass die Pipeline fertig gebaut wird. Das haben wir getan. Da war vieles nötig, da die Amerikaner ständig bei ihren Sanktionen nachgesteuert haben. Aber jetzt ist die Pipeline fertig. Das Gas kann geliefert werden.

Wir haben kein Schiff betrieben. Unsere Unterstützungsarbeit bestand darin, kleineren Firmen aus dem Land, die nicht weltweit tätig sind, zu ermöglichen, an der Pipeline mitzuwirken. Denn die Drohungen der USA richteten sich gegen die Firmen, die in den USA wirtschaftlich tätig sind und die ihre Aufträge verlieren könnten.

Seit ich für die Klimaschutzstiftung tätig bin, gibt es ständig Drohungen gegen die Pipeline und aggressive Äußerungen leider auch aus der deutschen Politik, die sagen, „nein, wir wollen diese Pipeline nicht“. Jetzt wird es im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise angeführt, früher waren es andere Gründe.

Für mich war immer klar, dass die Amerikaner das auch aus wirtschaftlichen Gründen tun. Sie können die ganze Welt mit ihrem Gas beliefern. Das Fracking-Gas ist aber deutlich teurer. Über die Pipeline könnte Deutschland das Gas direkt vom Produzenten viel günstiger und verlässlich beziehen. Das ist ein wirtschaftlicher Vorteil. Die Klimawende wird nur gelingen, wenn wir die Leute mitnehmen und Energie bezahlbar bleibt.

Ich finde es hochproblematisch, was zwischen den beiden Weltmächten passiert. Auf mich machen beide den Eindruck, dass es ihnen um Vorherrschaft geht. Ich verurteile kriegerisches Handeln und Unterdrückung. Dem müssen wir in geeigneter Weise entgegentreten. Was ich nicht gut finde, ist, dass wir uns in diesem Konflikt auf eine Seite schlagen und alles mitmachen, was diese Seite von uns will. Ich bin dagegen, dass wir Russland als das Reich des Bösen und als Feind sehen. Wir müssen versuchen, in einer vernünftigen Partnerschaft mit Russland klarzukommen. Das muss auch die Linie der EU sein. Europa muss eigene Interessen definieren und sie gegenüber beiden Großmächten durchsetzen.

https://www.ostsee-zeitung.de

Sellering am 22. 3. 2022 zum Überfall Russlands auf die Ukraine seit dem Februar 2022:

Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 erklärt Sellering am 22. 3. 2022 dem NDR: "Ich habe falsch eingeschätzt, wie die Möglichkeiten sind, auch mit Putin-Russland zusammenzukommen. Das ist ein Fehler, den ich einsehen muss - eine Illusion. Das gilt für alle hier im Land", sagte Sellering am Dienstag bei NDR MV Live. Die Politik, zu versuchen mit Russland auf einen "guten Partnerschaftskurs" zu kommen, würde von 80 Prozent der Menschen im Land getragen, so Sellering. "Und die alle sind grausam enttäuscht über das, was jetzt passiert ist." 

https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Sellering-zur-Nord-Stream-Stiftung-Habe-mich-getaeuscht

 

Wir müssen erkennen, dass es eine Illusion war, an ein partnerschaftliches Verhältnis mit Putin zu glauben. Und wir müssen klar sagen, diese Hoffnung hatten so viele, gerade auch in Mecklenburg-Vorpommern. Und wir sind alle grausam enttäuscht worden. Auch ich persönlich muss erkennen, dass ich mich getäuscht habe.

https://www.ostsee-zeitung.de

Sellering zum Unterschied zwischen ihm und Gerhard Schröder

Sellerig betont sein stets ehrenamtliches Engagement für die deutsch-russischen Beziehungen und den Unterschied zwischen ihm und Gerhard Schröder:

Wir sind leider in einer Auseinandersetzung, jetzt öffentlich, wo auch Angriffe erfolgen, die ich problematisch finde. Aber mal ganz sachlich dazu gesagt: Die Parallele ist, dass wir beide geglaubt haben, dass man eine gute Partnerschaft auch mit Putin-Russland haben kann. Da war ich aber nicht der Einzige im Land, sondern diese Politik ist von allen Fraktionen über Jahrzehnte mitgetragen worden. Und wir alle müssen jetzt sehen, dass wir uns da getäuscht haben.

Ein Unterschied zur... sagen wir zwei Unterschiede zu dem, was Gerhard Schröder macht. Ich habe nie Geld genommen für das, für was ich mich eingesetzt habe, für ein gutes Verhältnis mit Russland. Ich bin ehrenamtlich Vorstandsvorsitzender dieser Stiftung.

Und das Zweite ist, dass natürlich auch ganz wichtig ist, wie man sich öffentlich äußert. Und da habe ich sehr früh, sehr deutlich in einem Brief an den Botschafter, den russischen Botschafter, die notwendige Erklärung abgegeben. Ich glaube, das ist auch öffentlich bekannt.

https://www.ostsee-zeitung.de/

 

Sellering und die Klimastiftung Mecklenburg-Vorpommern

Überregionale Aufmerksamkeit erlangte Sellering als Vorstand der Klimastiftung Mecklenburg-Vorpommern, zu dem er im Januar 2021 berufen wurde.

https://www.landtag-mv.de/

Zur Klimastiftung Mecklenburg-Vorpommern im weiteren: https://klimastiftung-mv.net/

 

Sellering am 22. 3. 2022 zur Klimastiftung M-V nach dem Russischen Überfall auf die Ukraine:

Sellering: Die Stiftung ist damals gegründet worden vom Land, die Regierung stand dahinter, und alle im Landtag vertretenen Parteien haben dem zugestimmt. Jetzt muss man aber sagen: Dieser furchtbare, brutale Angriff Russlands auf die Ukraine hat alles verändert. Wir müssen erkennen, dass es eine Illusion war, an ein partnerschaftliches Verhältnis mit Putin zu glauben. Und wir müssen klar sagen, diese Hoffnung hatten so viele, gerade auch in Mecklenburg-Vorpommern. Und wir sind alle grausam enttäuscht worden. Auch ich persönlich muss erkennen, dass ich mich getäuscht habe.

Es ist ja völlig klar, dass wir jetzt in dieser schwierigen Situation, in der wir uns durch den Krieg befinden, die schwierigste vielleicht seit Jahrzehnten, dass wir einen gemeinsamen Weg finden müssen. Und dazu braucht man auf jeden Fall klare Stoppschilder gegen Putin. Deshalb hat die Stiftung sofort jegliche Mitarbeit an Nord Stream 2 endgültig eingestellt.

Aber ich glaube, es muss jetzt auch um mehr gehen. Wir müssen den Menschen helfen, die Opfer dieses brutalen Angriffs geworden sind. Und es gibt hier viele Menschen, die sagen, es wäre doch ein sehr guter und angemessener Verwendungszweck für die 20 Millionen, die die Stiftung von Nord Stream hat, wenn wir das für humanitäre Zwecke für die Menschen der Ukraine einsetzen. Und das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt, über den jetzt geredet werden muss. Der Vorstand der Stiftung findet das auch.

Ich muss mal ganz klar sagen, Werner Kuhn ist Präsident des Roten Kreuzes hier in Mecklenburg-Vorpommern – unser Vorstandsmitglied – und ihn bewegt das ganz besonders, weil er in seiner täglichen Arbeit die Verletzungen und Nöte sieht. Und deshalb hat er in unseren Beratungen immer wieder darauf gedrängt zu sagen: Wir müssen prüfen, ob das nicht doch irgendwie rechtlich möglich ist, dieses Geld für humanitäre Zwecke einzusetzen. Und alle Prüfungen haben immer wieder ergeben, das geht nicht. Wir als Stiftung dürfen das Geld nur für Klimaschutz einsetzen, alles andere wäre ein klarer Rechtsverstoß.

Jetzt hat der Landtag als Mitinitiator der Stiftung einen Entschluss gefasst. Und er sagt: Aus unserer Sicht – als Landtag – muss die Stiftung aufgelöst werden. Wieso sagen Sie, das geht so nicht, selbst wenn man wollte?

Also das ist eine politische Willensbekundung [der Beschluss des Landtags zur Auflösung der Klimastiftung], die wir natürlich respektieren als Stiftung. Ich bitte nur, dass man auch sieht, dass dies keine politische Diskussion ist, an der wir als Vorstandsmitglieder teilnehmen, sondern der Landtag hat uns mit einer Rechtsposition betraut, die rechtliche Verantwortung bedeutet. Und deshalb sind wir an das Recht gebunden.

Ich will aber einen anderen Punkt einmal ansprechen. Es hat ja nicht nur diesen Beschluss im Landtag gegeben, sondern es gibt eine gute Idee von der Opposition, über die ich sehr gerne reden würde und über die wir gemeinsam reden sollten. Und da ist die Idee: Wie wäre es, 20 Millionen für humanitäre Hilfe für die Menschen in der Ukraine bereitzustellen, aber trotzdem weiter mit 20 Millionen guten Klimaschutz in Mecklenburg-Vorpommern zu machen? Also einfach 20 Millionen aus dem Landeshaushalt, die sozusagen gedanklich getauscht werden mit dem Nord Stream-Geld der Stiftung. Ich glaube, das wäre eine sehr gute Lösung.

Also da ist jetzt in der Öffentlichkeit der Eindruck von Streit entstanden, obwohl wir doch am Ende das Gleiche wollen. Ich bedaure das sehr. Und ich meine, wir müssten jetzt alle in dieser Auseinandersetzung – die so wahrgenommen wird als Auseinandersetzung – einen Gang zurückschalten. Und wir müssen uns auf das besinnen, um was es wirklich geht. Um Menschen, die hier in Europa schlimmstes Leid durch einen brutalen, rücksichtslosen Krieg erfahren. Denen müssen wir zur Seite stehen.

Und da muss man klar sagen, da ist kein Platz für Parteipolitik oder Rechthaberei oder für das Beharren auf einem Standpunkt, den man einmal eingenommen hat. Und ich muss vielleicht auch selbst für mich sagen, dass ich da runterschalten muss. Ich war 20 Jahre Verwaltungsrichter, ich war Justizminister. Da bin ich vielleicht in der juristischen Diskussion manchmal nicht ganz einfach.

Also ich habe nichts gegen diese politischen Ziele des Landes [Auflösung der Klimastiftung]. Mein Problem ist, unser Problem ist, dass wir klare rechtliche Vorgaben haben und über die muss sorgfältig geredet werden, ob es möglich ist, den politischen Wünschen nachzukommen.

Und dem würden Sie aber auch nicht im Wege stehen, wenn es diese Möglichkeit geben würde?

Wenn es diese Möglichkeit geben würde und das vernünftig begründbar ist, dann würde es mir sehr leid tun um die gute Arbeit im Klimaschutz, aber wenn das der politische Wille aller Beteiligten ist, die uns damals aus der Taufe gehoben haben, dann würde ich mich dem eben nicht verschließen.

https://www.ostsee-zeitung.de